Merkels Neujahrsansprache
"Ich sage es sehr offen ..."
"Ich sage es sehr offen ..."
Von Karl Doemens
BERLIN. Schon gestern Mittag hatten die Fernsehleute den großen Scheinwerfer außen vor dem Kanzlerinbüro eingeschaltet, um das Ambiente in gutes Licht zu tauchen. Stunden später, als sich die Büros im Regierungsviertel längst geleert hatten, leuchtete die grelle Lampe immer noch in den Winterhimmel. Es schien, als nehme sich Angela Merkel reichlich Zeit für die Aufzeichnung ihrer Neujahrsansprache.
Tatsächlich holt Merkel in ihrer Botschaft zeitlich weit aus. Sie erinnert eingangs an das Silvesterfest 1989, das sie als DDR-Bürgerin in Hamburg feiern konnte: "Es war die Kraft der Freiheit, die die Berliner Mauer zu Fall gebracht hat." Und diese "Kraft der Freiheit" dient ihr auch als Leitmotiv für eine hoffnungsvolle Zukunft.
Doch kurzfristig stimmt die Kanzlerin die Bürger auf schwierige Zeiten ein. "Ich sage es sehr offen: Wir können nicht erwarten, dass der Wirtschaftseinbruch schnell wieder vorbei ist", mahnt sie: "Manches wird gerade im neuen Jahr erst noch schwieriger, bevor es wieder besser werden kann." Damit spielt sie auf die Prognosen der Experten an, die mit einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit rechnen.
Doch allzu ernst möchte die Kanzlerin am Silvesterabend denn doch nicht in die Wohnzimmer kommen. Also begnügt sie sich im folgenden mit den ebenso allgemeinen wie unverbindlichen Versprechen, die Bundesregierung werde "neue Regeln auf den Finanzmärkten" einführen, sich vor allem "um die Sicherung der Arbeitsplätze" kümmern und "mit mehr Wachstum aus der Krise" kommen.
Ausdrücklich spricht sich Merkel für "mehr Nachhaltigkeit" nicht nur in der Umwelt-, sondern auch in der Finanzpolitik aus. Da könnte man kurz ins Grübeln kommen, wie das zu einer Rekordverschuldung und milliardenteuren Steuergeschenken auf Pump passt. Doch nach fünf Minuten ist die Ansprache vorbei, und die ARD schaltet live nach Wien - zum Silvesterstadl mit Patrick Lindner. Prosit Neujahr!
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