martes, 11 de mayo de 2010

DIE ZEIT: "DER FRUST DER CDU"

Parteien

Der Frust der CDU

Rettungspakete im Eilverfahren, ein unscharfes Parteiprofil, das Debakel in NRW, jetzt auch noch Sparvorschläge aus Hessen: Unter CDU-Abgeordneten wächst der Ärger.

Nur noch zustimmen? In der  selbsternannten Partei der Mitte gibt es Frust über Kurs und Koalition

Nur noch zustimmen? In der selbsternannten Partei der Mitte gibt es Frust über Kurs und Koalition

Griechenland-Hilfe, Euro-Krise und dann noch das Wahldesaster in Nordrhein-Westfalen: Die CDU ist verunsichert wie lange nicht. Viele Parteimitglieder sehnen sich nach Stabilität, nach Verwirklichung ihrer politischen Ziele und erleben doch oft nur lange Debatten: Über den Sinn von Steuersenkungen oder der Gesundheitsprämie, über die Haushaltskonsolidierung, über Griechenland, den internationalen Finanzmarkt und wie er sich zähmen ließe. Sie sehen sich mit der Frage konfrontiert, wofür ihre Koalition mit den Liberalen überhaupt noch steht.

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"Der Frust ist groß darüber, dass wir wichtige Reformprojekte vor der NRW-Wahl auf Eis gelegt haben", sagt der schleswig-holsteinische Gesundheitspolitiker Rolf Koschorrek. Das habe die Menschen im Lande "deutlich verunsichert", weshalb sich viele Wähler von der CDU abgewendet hätten.

Ungewohnt deutlich machen viele CDU-Bundestagsabgeordnete derzeit ihrem Ärger Luft. Das Wahlergebnis in NRW wirkt wie ein Katalysator. Frust gibt es über das Bestreben Angela Merkels, die CDU für neue Wählerschichten stärker zu öffnen, was viele Konservative verschreckt habe. Es gibt Ärger um "ungeklärte zentrale Fragen", wie manch ein Parlamentarier es ausdrückt. Die Koalition müsse "endlich reagieren".

Sachsens Junge Union beschloss zum Landestag vor wenigen Tagen einen Leitantrag "Endstation Mitte. – Nicht mit uns!" – der beobachtete Mangel an Profilunschärfe gehört für manchen Christdemokraten zu der "bisher einmaligen Dimension" klärungsbedürftiger Probleme. Auch Hessens Ministerpräsident Roland Koch forderte, die CDU "dürfe Menschen nicht verlieren, die ein traditionelleres Weltbild haben".

Offensichtlich kulminierte der Ärger während der Entscheidungen zur Griechenland-Hilfe und zum Euro-Rettungsschirm: Beides hätte die Führung in Partei und Bundestagsfraktion den Abgeordneten "sehr schnell als alternativlos dargestellt", klagt ein CDU-Abgeordneter, der von sich sagt, mit seiner Kritik keineswegs allein in der Fraktion zu sein. Gern hätte man zum Beispiel auch über einen Ausstieg Griechenlands aus der europäischen Währungsunion diskutiert, sagt er.

Die Kritiker fühlen sich von ihrer Führung um Unklaren gelassen, bisweilen macht sich sogar Misstrauen breit: "Es ist die Frage, von welchen Experten wir hier gesteuert werden", heißt es.

Zumindest einem Ziel sieht sich die CDU nun wieder näher: einem ausgeglichenen Bundeshaushalt. Die öffentliche Absage an weitere Steuersenkungen vor 2013 durch Merkel hat der Partei Luft verschafft. "Eine Riesenerleichterung" sei das Kanzlerwort gewesen, sagt Sachsens Landes-Generalsekretär Michael Kretschmer. Damit hat für ihn der "Unsinn ein Ende", mit dem sich die selbsternannte Steuersenkungspartei FDP innerhalb der Koalition isolierte. Rolf Koschorrek sah das Ende der Entlastungs-Fantasien schon länger nahen: "Die Kanzlerin zieht das nach, was längst klar war". In den kommenden vier Wochen will Merkel nun Sparvorschläge präsentieren.

Doch andere Projekte sind wegen der fehlenden Hausmacht von Union und FDP im Bundesrat unsicherer als zuvor: Keiner vermag zu sagen, wie nach der Abwahl von Schwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen die Gesundheitsreform oder die Laufzeitverlängerung für Atommeiler die Länderkammer passieren sollen. "Derzeit ist völlig unklar, was sich noch durchsetzen lässt und was nicht", klagt einer aus der CDU-Führung. Und die noch von der Vorgängerregierung beschlossene Garantie von Kita-Plätzen für unter Dreijährige oder die ambitionierte Steigerung der Bildungsausgaben auf zehn Prozent des Bruttoinlandproduktes sind nun auch wieder Thema.

Das Störfeuer kam aus Hessen: Während der eigentlich für Sparvorschläge zuständige Finanzminister krankheitsbedingt der politischen Bühne fernbleiben muss, unterbreitete Ministerpräsident Koch via Interview seine persönliche Streichliste: Bildungsausgaben steigern ja, aber bis wann, das müsse offen bleiben, sagte der CDU-Vize. Und die Krippenplatzgarantie könne sich ebenfalls als nicht finanzierbar herausstellen. Auch für den Sachsen-Landespolitiker Kretschmer gehört sie zu den Dingen, "über die man nachdenken muss, wenn man kein Geld hat".

Die Bildungsausgaben sind für ihn jedoch unantastbar: Die "absolute Hilflosigkeit" spreche aus Kochs Vorschlag, das Zehn-Prozent-Ziel aufzuweichen. CSU-Familienministerin Christine Haderthauer assistierte aus Bayern, Koch oute sich als "gedanklicher Dinosaurier". Und auch Bundesfamilienministerin Kristina Schröder entgegnete ihrem Parteigenossen Koch, über den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz "werden wir alle froh sein, weil er Eltern ermöglicht, Beruf und Familie zu vereinbaren".

Um am Ende der Wahlperiode wenigstens Teilerfolge vorweisen zu können, schneiden Regierungsfachbeamte aus der Gesundheitsreform bereits Segmente heraus, die sich ohne Bundesrat durchsetzen lassen. Er könne sich da schon "Möglichkeiten vorstellen, die ohne Bundesratszustimmung auskommen", sagt der Gesundheitspolitiker Koschorrek. "Wir müssen uns dringend was einfallen lassen", sagt der Sachse Kretschmer.

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